Die erste Festivalwoche
Vimbayi Kaziboni
Vier Tage vor dem Eröffnungsabend gibt es einen Vorgeschmack auf das Festival: Am Sonntag, 26. Oktober, treffen im Gartenbaukino bei der gemeinsamen Erste Bank Filmmatinee von Wien Modern und der Viennale John Fords Stummfilmklassiker Three Bad Men (1926) und das Wiener Trio Blueblut aufeinander. Mit ihrem Live-Soundtrack voller Fantasie, Witz, überraschender Sounds und großer Spielfreude bringen sie die Geschichte um Gut und Böse in einer wilden, rauen Gesellschaft mit vielen Zwischentönen in die Gegenwart.
Der Eröffnungstag der 38. Ausgabe von Wien Modern beginnt am Donnerstag, 30. Oktober um 10:00 Uhr im MAK. Bis 6. November ist dort zu den regulären Öffnungszeiten die Videoserie Children’s Games des belgisch-mexikanischen Künstlers Francis Alÿs zu sehen, eine berührende Sammlung von Filmaufnahmen spielender Kinder zwischen Mexiko, Afghanistan und der Ukraine. Am 3. November präsentiert das norwegische Cikada Ensemble vier zu den Filmen entstandene Auftragskompositionen, u. a. von Angélica Castelló. Zurück zum Eröffnungstag – ab 19:00 Uhr lädt Volkmar Klien mit seiner neuen Installation Einander zärtlich zugewandt im Foyer und auf der Feststiege des Wiener Konzerthauses zu einer raumgreifenden Klangskulptur zwischen Maschine und Zärtlichkeit, quasi als Vorspiel zum offiziellen Eröffnungskonzert: Um 19:30 Uhr eröffnet im Großen Saal das ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter Vimbayi Kaziboni das Festival offiziell. Das Programm mit Werken von Hannah Kendall, Jessie Cox und George Lewis, letzterer heuer auch Co-Kurator von Wien Modern, feiert das Lernen als Bewegung: eine Musik über Empathie, Geschichte und das Lauschen als gesellschaftliche Haltung. Lewis ist Komponist, Wissenschaftler, KI-Pionier, Posaunist mit Free-Jazz-Geschichte und seit 1971 Mitglied der Association for the Advancement of Creative Musicians (AACM).
Das legendäre Arditti Quartet kehrt am Freitag, 31. Oktober zurück zu Wien Modern. Das weltgrößte Projekt zu seinem 50-jährigen Bestehen musste im Vorjahr verletzungsbedingt verschoben werden, nun wird es in allen vier Teilen unverändert unter dem Titel Arditti 51 nachgeholt. Im ersten Konzert im Mozart-Saal des Wiener Konzerthauses stehen Arnold Schönbergs d-moll-Quartett op. 7 und die Uraufführung von Stefan Prins Cyborg Flesh für Streichquartett, E-Gitarre und Live-Elektronik auf dem Programm. Im Anschluss lädt die Bar Modern zum Wiedersehen mit dem Ensemble und zum Anstoßen auf ein nachgeholtes Jubiläum. Einzelkarten zu allen vier Konzerten sind bereits ausverkauft, der Festivalpass gilt als Eintrittskarte, solange der Platz reicht. Kommen Sie pünktlich!
Arditti Quartet
Am Samstag, 1. November startet das Salzburger Ensemble NAMES im Dschungel Wien mit Klingende Dinge eine fantasievolle Klangexpedition für Kinder ab 3 Jahren, wo Teekannen, Ballons und Ping-Pong-Bälle zu Instrumenten werden. Am Abend kehrt das Arditti Quartet im Mozart-Saal des Wiener Konzerthauses mit dem zweiten Teil seiner großen Konzertreihe Arditti 51 zurück: Neben einem Streichquartett von Arnold Schönberg und Werken von Salvatore Sciarrino und der österreichischen Erstaufführung von Sarah Nemtsovs Or Bahir steht der heuer überraschend verstorbene österreichische Komponist Peter Ablinger auf dem Programm. Danach zieht das Festival weiter nach Ottakring: Bei der ersten Party Modern in der Ottakringer Brauerei wird Angélica Castelló der Ernst-Krenek-Preis der Stadt Wien verliehen. Ihre elektroakustische Komposition F. Firefly (nothing) gibt den atmosphärischen Auftakt zu einer langen Nacht zwischen Konzert, Club und kollektiver Erfahrung. Eine erstaunliche Reihe von vier Live-Sets bringt nacheinander Gischt, drank_ (Ingrid Schmoliner / Alex Kranabetter plus Katharina Ernst und Anja F. Plaschg a. k. a. Soap & Skin), broken • heart • collector (mit Maja Osojnik und Susanna Gartmayer) sowie Bulbul auf die Bühne. DJ Ada (Labelkollegin von DJ Kozes Pampa Records) setzt den Schlusspunkt auf dem Dancefloor.
Der Sonntag, 2. November öffnet zwei neue Bühnenblicke: Im Theater an der Wien gibt die Einführungsmatinee zu Unsuk Chins Oper Alice in Wonderland Einblick in eine Welt zwischen Traum, Surrealismus und musikalischer Verwandlung – die Premiere folgt am 17. November. Parallel dazu verbindet das Duo Strings & Noise in der Alten Schmiede in Körper.exe menschliche und maschinelle Klangprozesse zu einer poetischen Technologie des Zuhörens. Im Reaktor präsentiert das Ensemble PHACE eine erste von mehreren Kammermusik-Totalen, mit allen drei Capricci von Wolfram Schurig – hochvirtuose Duos für den Zeichner Egon Goldner, den Schriftsteller Giorgio Manganelli und den Maler Gerhard Richter. Am Abend schließt sich im Brahms-Saal des Musikvereins das dritte Konzert der Reihe Arditti 51 an: Nach Schönberg ist u. a. die österreichische Erstaufführung von Chaya Czernowins Werk Ezov [Ysop] zu hören. Im Anschluss lädt das Quartett zum Gespräch.
