Sainkho Namtchylak

Ich wurde in der Republik Tuwa in einem kleinen Dorf in einer Lehrerfamilie geboren. Meine Eltern spielten in ihrer Jugend beide sehr gerne Musikinstrumente, mein Vater die siebensaitige Gitarre und meine Mutter die Mandoline (eine russische Art von viersaitigem Instrument, ähnlich einem Banjo). Mein Vater hatte eine schöne, sanfte Baritonstimme und trat oft mit Amateurgruppen bei Konzerten in Tuwa auf. Nach meinem Abschluss am Musikcollege Ippolotova-Ivanova setzte ich mein Studium am Gnesin-Institut in Moskau fort. Zu dieser Zeit galt mein großes Interesse der Entdeckung von Aufnahmen, Büchern und Dissertationen über verschiedene 
Gesangstechniken in archaischen Beispielen der Kultmusik lamaistischer und schamanistischer Traditionen Sibiriens. Ebenso wie den tuwinischen und mongolischen Kehlkopf- und Obertongesangsstilen. Der erste Auftritt auf einer professionellen Bühne bei einem Wettbewerb für Volkssänger im Jahr 1986 beeindruckte durch seine große geografische Bandbreite und das vergessene Geheimnis des Synkretismus alter Lieder von Minderheiten und anderen Völkern Sibiriens: Nganasan, Itelmen, Korjak, Nivchen, Nanai, Burjaten, Tuwiner und russische Traditionen. Der erfolgreiche Auftritt fand große Resonanz. In den Jahren 1987–1989 präsentierte ich zusammen mit anderen Künstler:innen mein Programm in Spanien, den USA, Kanada, Australien, den Philippinen und Neuseeland.
Gleichzeitig begann ich, nach neuen Kooperationen im Bereich der zeitgenössischen und improvisierten Musik zu suchen und diese alten Traditionen in experimentelle und zeitgenössische Musik einzubringen. Durch die zahlreichen Auftritte mit neuen Jazzmusiker:innen lernte ich die Fähigkeiten und Möglichkeiten meiner eigenen Stimme kennen. Diese Entdeckung brachte mir mehr, als ich erwartet hatte. Auftritte beim Münster Jazz Festival und später beim Luzerner Festival für zeitgenössische Musik brachten mir eine neue Beziehung zur westlichen zeitgenössischen Musik. Ich begann, mit vielen Musiker:innen in Westeuropa zu spielen.