Fa:m' Ahniesgwow
Hans G Helms (1959)
Fa:m’ Ahniesgwow hat etliche arrivierte Vokalwerke der 1960er Jahre maßgeblich beeinflusst – darunter György Ligetis Aventures, Dieter Schnebels Glossolalie oder Mauricio Kagels Anagrama. Das «Zwischenreich zwischen Literatur und Musik» betritt Hans G Helms in Fa:m’ Ahniesgwow von der Literatur her. Er ist nicht bestrebt, der Sprache den Sinn auszutreiben und sie nur noch klingen zu lassen. Im Gegenteil: Im Hintergrund des hochartifiziellen, semantisch in Joyce’scher Manier multiperspektivisch gearbeiteten Sprechtextes stehen nicht weniger als 36 Sprachen. Das ist nicht bloß ein ästhetischer Kunstgriff, sondern hat einen lebensweltlichen Hintergrund im Sprachengewirr der Lager für «displaced persons», die der junge Helms nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte. Helms’ Buch kann mit Fug und Recht als eine der wenigen genuinen Sprach-Musik-Kompositionen etikettiert werden, in denen nichts «vertont» wird, sondern «integrales Komponieren von Sprache» (Gianmario Borio) stattfindet. Die Parameter Semantik, Phonetik und Grammatik werden zueinander in Beziehung gesetzt und kommentieren sich gegenseitig. Die Liebesgeschichte zweier Studierenden, dem Juden Michael und Helène, der Tochter eines finnischen SS-Generals, bildet einen eher lockeren inhaltlichen Rahmen. Helms wird selten explizit, dennoch resultiert kein bloßer Wust dadaistischer Lautkonfigurationen. Fa:m’ Ahniesgwow sprengt konsequent die konventionellen lautlichen, semantischen, syntaktischen und morphologischen Gegenbenheiten von Sprache. Der virtuose Einsatz von Portmanteau-Konstruktionen insinuiert Bedeutungen, ohne sie eindeutig zu verdinglichen. Worte, Silben und Laute, unter anderem aus Hoch- und Umgangssprache, politischer Rede und Liebeslyrik, Bürokratie und Literatur, werden zu neuen Sinnkomplexen synthetisiert. (Harald Muenz)
Produktionen
- 2025
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SPRECHBOHRER:
Fa:m' Ahniesgwow(1959 UA)- '
16.11.2025 11:00, Alte Schmiede
16.11.2025 11:00, Alte Schmiede
16.11.2025 11:00, Alte Schmiede
